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Serie: Aktuelles zur Therapie der Alopecia areata, Teil 1
30. Mai 2008 - Dr. Daniela Kunte, Dr. Christian Kunte

Die Alopecia areata (kreisrunder Haarausfall) ist ein durch Zellen des Immunsytems (T-Lymphozyten) ausgelöstes Krankheitsbild, welches für die Patienten, insbesondere bei größerer Ausdehnung, eine erhebliche Belastung darstellt. Das Lebenszeitrisiko an einer Alopecia areata zu erkranken beträgt etwa 1,7%. Beim kreisrunden Haarausfall kommt es sehr häufig zu Spontanheilungen im ersten Erkrankungsjahr. Typisch ist ein wellenförmiger Verlauf, oft mit erneutem Auftreten der Erkrankung in den Folgejahren. In unter 10% der Patienten kommt es zu einer Ausdehnung der kahlen Areale auf den gesamten Kopf (Alopecia areata totalis), in unter 2% der Betroffenen zu einem Verlust sämtlicher Körperhaare (Alopecia areata universalis).

Die Erfolgsaussichten einer Therapie sind von verschiedenen Faktoren abhängig. Prognostisch ungünstige Faktoren sind:

- Auftreten bereits im Kindesalter

- Langer Krankheitsverlauf

- Starke Ausprägung

- Ophiasis-Typ (betroffen Nacken und Haaransatz)

- Atopie (Neigung zu Heuschnupfen, Asthma und Neurodermitis)

- Beteiligung der Finger- und/oder Zehennägel

Den Erfolg einer Therapie zu beurteilen ist häufig sehr schwierig. Denn häufig kommt es zu spontanem Haarwachstum auch ohne Therapie. Teil- oder Halbseitentherapien sind zwar bei äußerer, nicht jedoch bei innerlicher Behandlung möglich. Die durchgeführten Studien sind nur selten doppelblind (das bedeutet, weder Arzt noch Patient wissen, welches Präparat verabreicht wird), Placebo-kontrolliert (Kontrolle einer Wirksubstanz gegen eine unwirksame Substanz) oder randomisiert (Verteilung der wirksamen Präparate erfolgt nach dem Zufallsprinzip).

In den letzten Jahren hat es eine Reihe von Veröffentlichungen zu verschiedenen Wirkstoffgruppen und Therapieformen gegeben. Hierzu zählen insbesondere lokal anzuwendendes Tacrolimus, Sulfasalazin, Biologics, Excimer-Laser-Therapie, äußerliche und innerliche Kortisontherapie sowie die topische Immuntherapie mit DCP. Diese Therapieverfahren werden wir in den kommenden Wochen kritisch unter die Lupe nehmen. In diesem ersten Teil unserer „Serie“ stellen wir zunächst die Ergebnisse der Studien mit äußerlich angewendeten Immunmodulatoren (Tacrolimus, Pimecrolimus) und innerlich verabreichtem Sulfasalazin vor.

Tacrolimus

Der Wirkstoff Tacrolimus entfaltet sowohl antiinflammatorische (antientzündliche) als auch immunmodulatorische Aktivitäten (Veränderung der Immunabwehr). Vor diesem theoretischen Hintergrund wäre der Wirkstoff eigentlich ideal zur Behandlung der Alopecia areata geeinget. So hatte in den vergangenen Jahren der experimentelle Gebrauch von äußerlich aufgetragenem Tacrolimus bei Mäusen und Ratten auch zunächst vielversprechende Ergebnisse geliefert. Bislang konnte dieser Effekt jedoch in sämtlichen durchgeführten Studien am Menschen nicht bestätigt werden. Gleiches gilt für die Anwendung von Pimecrolimus Creme, einem Wirkstoff aus der gleichen Substanzklasse. Die Veröffentlichungen zu diesem Thema waren im Einzelnen:

-Thiers BH (2000) Topical tacrolimus: Treatment failure in a patient with alopecia areata. Arch Dermatol 136:124

- Feldmann KA, Kunte C, Wollenberg A, Wolff H (2002) Is topical tacrolimus effective in alopecia areata universalis? Br J Dermatol 147:1031-1032

- Price VH, Willey A, Chen BK (2005) Topical tacrolimus is alopecia areata. J Am Acad Dermatol 52:138-139

- Rigopoulos D, Gregoriou S, Korfitis C (2007) Lack of response of alopecia areata to pimecrolimus cream. Clin Exp Dermatol 32:442-458

Sulfasalazin

Sulfasalazin ist ebenfalls eine antiinflammatorisch wirkende, also antientzündliche Substanz. Sie hemmt die Freisetzung der Botenstoffe Prostaglandin E2 und Interleukin-2, und vermindert auf diesem Wege die Anlockung von Entzündungszellen sowie die Produktion von Antikörpern. Möglicherweise hat Sulfasalazin auch Einfluss auf eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen (Lymphozyten). Der Wirkstoff wird bei Erkrankungen eingesetzt, bei denen T-Lymphozyten eine krankheitsursächliche Rolle spielen. Zu diesen Erkrankungen gehören die rheumatoide Arthritis, Colitis ulcerosa, Morbus Crohn, Lupus erythematodes sowie die Schuppenflechte (Psoriasis). Aufgrund des Wirkansatzes von Sulfasalazin werden auch positive Effekte auf eine Alopecia areata vermutet. In den letzten Jahren gab es einige Fallberichte und kleinere Studien, die auf einen gewissen Therapieeffekt dieser Substanz hinweisen.

Ellis und Mitarbeiter veröffentlichten 2002 eine Arbeit, bei der vier Patienten mit ausgedehnter Alopecia areata behandelt wurden. In 23% der Gesamtfläche kam es zu einem kosmetisch akzeptablen Wiederwuchs der Haare.

2007 wurde in der Fachzeitschrift JEADV eine Arbeit veröffentlicht, bei der 23 Patienten mit Alopecia areata (Bestanddauer im Schnitt sieben Jahre) mit Sulfasalazin behandelt wurden. Vortherapien waren äußerliches Kortison, Minoxidil (Regaine), Lichttherapie (PUVA) und innerliche Kortisonpräparate. In der Studie wurden 1,5g Sulfasalazin zweimal täglich über neun Monate gegeben. Hierbei wurde ein Wiederwuchs von ca. 50% der Haare inklusive Wimpern beobachtet. Problematisch sind bei der Therapie mit Sulfasalazin jedoch die möglichen Nebenwirkungen, wie z.B. Schwäche, Schwindel, Übelkeit, Fieber, Veränderungen im Blutbild und Schädigungen der Leber.

Im Journal der Amerikanischen Akademie der Dermatologie wurde 2007 eine kleine Fallserie von sechs Patienten veröffentlicht, die zunächst mit Kortison und Sulfasalazin und in den Monaten 4-12 nur mit Sulfasalazin behandelt wurden. Bei allen Patienten kam es zu Haarwuchs. Ein Wiederauftreten von Haarausfall nach Absetzen der Behandlung wurde nicht beobachtet. Allerdings konnte nicht unterschieden werden, ob der Therapieeffekt durch das Kortison oder das Sulfasalazin erzielt wurde.

Aufgrund bislang nur kleiner Fallserien und potenziell erheblicher Nebenwirkungen ist der Einsatz von Sulfasalazin zur Behandlung der Alopecia areata kritisch zu bewerten.

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